Beethoven/Jeitteles – An die ferne Geliebte

Vermutlich hat Beethovens langjähriger Gönner, Fürst Joseph von Lobkowitz, das Werk zum Andenken an seine geliebte und verstorbene Frau direkt bei Beethoven in Auftrag gegeben.
Die ersten fünf der sechs Lieder besingen in zahlreichen Naturbildern die Trauer und die Sehnsucht nach der Geliebten. In dem letzten Lied wird durch eine Idealisierung der Liebe und des Liedes ein Trost und Gegenpol zu dem Trennungsschmerz geschaffen: Die Idee der Liebe überwindet Raum und Zeit „und ein liebend‘ Herz erreichet, was ein liebend‘ Herz geweiht“.
Das Werk bildet den ersten Liedzyklus der Musikgeschichte. Die kreisförmige Anlage besteht bereits in der Textvorlage: Sowohl das erste als auch das letzte Gedicht schließt mit den eben zitierten Versen. Beethoven übernimmt diese Korrelation in der musikalischen Umsetzung. Nach dem ersten Lied ist Zeit vergangen, Gedanken und Empfindungen haben für den Moment der Reprise eine veränderte Situation geschaffen. Beide Male schreibt Beethoven bei den Worten „und ein liebend‘ Herz erreichet, was ein liebend‘ Herz geweiht“ zwar ein Stringendo, beim ersten Mal endet das Lied aber, sobald ein Allegro erreicht ist. Am Ende des Liedzyklus kulminiert die Tempozunahme in einem Allegro molto e con brio mit fulminanter Schlusscoda. Die letzten Verse werden immerzu wiederholt, gesteigert und nahezu überhöht. Das, was zu Beginn als einzelner Gedanke stand, wird jetzt als globales Konzept manifestiert: Dem Schmerz und der Trennung der Wirklichkeit wird eine größere Idee von Liebe und menschlicher Nähe gegenübergestellt.