Heine - Die Heimkehr, Hamburg und das Meer

„Ich liebe das Meer wie meine Seele. Oft wird mir sogar zumute, als sei das Meer eigentlich meine Seele selbst.“ (Heine, 1826, Reisebilder - Die Nordsee)

Die sechs einzigen Heinevertonungen Franz Schuberts entstammen der Gedichtsammlung Die Heimkehr. Viele dieser Gedichte sind eine Reaktion auf Heines ersten Aufenthalt an der Nordsee und seine Rückkehr von dort nach Hamburg, der er Stadt, der er wegen seiner unerfüllten Jugendliebe zu seiner Cousine Amalia, immer wieder eine furchtbare und verletzende Atmosphäre attestierte. Aus dieser Jugendwunde ist sicher kein dauerhaftes Liebesdrama geworden, aber sie hat sich zu einer Art fixen Idee entwickelt, sich „ins Allgemeine und Weltpsychologische gewendet“ (Hosfeld, 2014, 137) und wird als Leitmotiv der unerfüllten Liebe im frühen lyrischen Schaffen des Dichters künstlerisch verarbeitet.

Das Meer wurde von Heine immer wieder als Sehnsuchts-, Inspirations- und Kurort aufgesucht. Der frühe Romantiker Novalis beschrieb eine erotische Anziehung durch das Wasser und insbesondere das Meer. Seit Goethes ist in der Lyrik dem Wasser die erotische Komponente spätestens dann nicht mehr abzusprechen, sobald ein Fischer die Bildfläche betritt.
Auch in Heines lyrischem Schaffen ist diese Verbindung zu erkennen. Eine biographische Entsprechung findet man in seinen Frauenbekanntschaften während seiner Aufenthalte am Meer, auch wenn diese wohl mehrheitlich von gesellschaftlich legerem oder unterhaltsamem Charakter waren. Jedenfalls schenken die Meerbesuche Heine Regeneration für seinen oft kränklichen Körper, Inspiration für seine Arbeit und bleiben ihm eine elementare Naturerfahrung:

„Wenn der Wind heult und pfeift, wird mir wohl, und mir ist, als ob liebliche Stimmen mir Reime ins Ohr flüsterten … ich bewundere den Aufruhr der Natur; denn das bewegte Meer gleicht dem Leben, und nur dann schlägt mein Herz gesund, wenn die Wellen des Lebens recht hoch gehen!“
(Heine, 1826, in einem Brief an Schwester Charlotte)


Das Meer erglänzte weit hinaus
Im letzten Abendscheine;
Wir saßen am einsamen Fischerhaus,
Wir saßen stumm und alleine.

Der Nebel stieg, das Wasser schwoll,
Die Möwe flog hin und wider;
Aus deinen Augen, liebevoll,
Fielen die Tränen nieder.

Ich sah sie fallen auf deine Hand,
Und bin aufs Knie gesunken;
Ich hab von deiner weißen Hand
Die Tränen fortgetrunken.

Seit jener Stunde verzehrt sich mein Leib,
Die Seele stirbt vor Sehnen; –
Micht hat das unglücksel'ge: Weib
Vergiftet mit ihren Tränen.